Unternehmensethik: Warum sich ethische Unternehmensführung lohnt
Wie handelt man gleichzeitig wirtschaftlich und moralisch? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Unternehmensethik. Wer entsprechende Werte etabliert und einhält, ist langfristig erfolgreicher.
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Ein Mitarbeiter hat die Chance, einen großen Auftrag an Land zu ziehen. Er bekommt den Zuschlag aber nur, wenn er eine kleine „Gefälligkeit“ zahlt. Was soll er tun? Annehmen und das Schmiergeld einfach auf den Angebotspreis aufschlagen? Oder ablehnen, weil er Bestechung nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann? Der Mitarbeiter steht vor einem klassischen ethischen Konflikt. Gut, wenn es dann eine Unternehmensethik gibt, die klar regelt: „Korruption ist mit unserer Unternehmenskultur nicht vereinbar.“
Was versteht man unter Unternehmensethik?
Die Unternehmensethik beschäftigt sich mit der Frage, welche Werte und Prinzipien ein Unternehmen vertreten soll. Dabei geht es auch darum, wie sich das Streben nach wirtschaftlichem Erfolg mit moralischen Aspekten vereinbaren lässt. Unternehmensethik ist Teil der Wirtschaftsethik. Während Letztere das Thema auf allgemeiner Ebene adressiert, definiert die Unternehmensethik aber ganz konkrete Verhaltensregeln für die eigene Organisation. Sie gibt Führungskräften und Beschäftigten Leitlinien an die Hand, wie sie ethisch handeln und die richtigen Entscheidungen treffen können. Grundprinzipien der Unternehmensethik sind zum Beispiel Integrität, Verantwortungsbewusstsein, Respekt, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Transparenz. Sie gelten sowohl für den Umgang mit Mitarbeitern als auch mit Geschäftspartnern, Kunden, der Gesellschaft und der Umwelt.
Was bedeutet Unternehmensethik in der Praxis?
Dass sich ein Unternehmen an Gesetze und Vorschriften halten sollte, versteht sich von selbst. Die Unternehmensethik geht noch einen Schritt weiter und ist werteorientiert. Eine Firma handelt zum Beispiel ethisch, indem sie faire Arbeitsbedingungen schafft, Inklusion fördert, auf die Einhaltung von Menschenrechten achtet, verantwortungsvoll mit Ressourcen umgeht und sich für Umweltschutz einsetzt. Eng mit der Unternehmensethik verbunden ist die Corporate Social Responsibility (CSR). Sie umfasst freiwillige Maßnahmen, mit denen das Unternehmen zeigt, dass es gesellschaftliche Verantwortung übernimmt. Das kann zum Beispiel soziales Engagement in einem Kinderheim sein oder die Vermeidung von Plastikmüll in der Kantine.
Ethische Unternehmensführung zahlt sich aus
Es gibt viele Gründe, warum sich ethische Unternehmensführung lohnt. Sie wirkt sich auf die Reputation, die Kundenbindung, das Recruiting und die Mitarbeiterbindung aus. Außerdem reduziert sie Risiken. All das spart am Ende Kosten und verbessert die Bilanz.
- Ein Unternehmen, das ethisch handelt, wird von Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern und der Öffentlichkeit als vertrauenswürdig und zuverlässig wahrgenommen. Eine gute Reputation kann langfristig zu höheren Umsätzen und Gewinnen führen. Für über 50 Prozent der deutschen Konsumenten ist soziales und ökologisches Handeln ein Kaufkriterium.
- Menschen wollen mit gutem Gewissen zur Arbeit kommen und wünschen sich ein faires, respektvolles Umfeld. Unternehmensethik macht glücklich, weiß Dr. Bettina Palazzo. Glückliche Mitarbeiter sind produktiver, seltener krank und bleiben länger im Unternehmen.
- Auch Bewerber achten heute bei der Wahl des Arbeitgebers auf soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit. Ethische Unternehmensführung trägt daher zu einem positiven Employer Branding bei und erleichtert es, qualifizierte Kandidaten zu gewinnen.
- Unternehmen, die ethisch handeln, haben ein geringeres Risiko, in Rechtsstreitigkeiten verwickelt zu werden oder Bußgelder zu zahlen.
So setzen Sie Unternehmensethik am besten um
- Zunächst sollten Sie die Werte, an denen sich das Unternehmen orientieren möchte, identifizieren und definieren. In der Regel erfolgt das in einem Verhaltenskodex, dem sogenannten Code of Conduct. Er bildet das Fundament der Unternehmensethik, legt Verhaltensregeln fest, thematisiert Risiken und zeigt auf, welche Disziplinarmaßnahmen bei Verstößen drohen.
- Der beste Code of Conduct bringt nichts, wenn ihn keiner kennt. Daher müssen Sie ihn im ganzen Unternehmen kommunizieren. Das Dokument sollte für alle einfach zugänglich sein, zum Beispiel im Intranet oder über spezielle Tools für die Compliance-Kommunikation wie EQS Policy Manager oder EQS Rulebook.
- Schaffen Sie klare Verantwortlichkeiten. Wer ist für die Kommunikation und Einhaltung der Unternehmensethik zuständig? Dafür sollten Sie einen Compliance Officer benennen. Größere Unternehmen entscheiden sich häufig, eine eigene Compliance-Abteilung aufzubauen. Auch die HR-Abteilung spielt eine Schlüsselrolle bei der Kommunikation und Einführung einer ethischen Unternehmenskultur.
- Führungskräfte sollten die Unternehmensethik vorleben. Tun sie das nicht, fragen sich auch die Mitarbeiter, warum sie die Werte und Regeln beachten sollten. Häufig scheitert ethische Unternehmensführung am Phänomen der Machtvergiftung: Menschen in privilegierter Position setzen sich selbstgerecht über Regeln hinweg. Warum ethische Unternehmensführung so schwer ist, erklärt Dr. Bettina Palazzo in ihrem Gastbeitrag.
Wie gehören Compliance/Compliance Management und ethische Unternehmensführung zusammen?
Compliance und ethische Unternehmensführung sind eng miteinander verbunden. Streng genommen bezieht sich Compliance auf die Einhaltung von Gesetzen, Vorschriften und internen Richtlinien, während ethische Unternehmensführung verantwortliches Handeln im Einklang mit moralischen Grundsätzen adressiert. Beide Bereiche lassen sich mit einem effektiven Compliance-Management-System abdecken. Es umfasst alle Werkzeuge und Prozesse, um sicherzustellen, dass sowohl die Compliance als auch die Unternehmensethik eingehalten werden. Außerdem hilft ein solches System dabei, eine entsprechende Kultur zu etablieren und weiterzuentwickeln.
Unternehmensethik wird künftig unverzichtbar
Eine ethische Unternehmensführung spielt eine wichtige Rolle im Hinblick auf die CSR-Richtlinie. Diese bringt neue Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in den drei ESG-Bereichen Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance). Die EU-Kommission hat die finale Version der CSR-Richtlinie im Dezember 2022 veröffentlicht. Jetzt müssen sie die Mitgliedsstaaten in nationales Recht umsetzen. Die neuen Pflichten gelten dann ab dem Geschäftsjahr, das am 1. Januar 2024 oder später beginnt. Wer eine Unternehmensethik etabliert hat, kann auch die CSR-Richtlinie leichter erfüllen.
Ein Überblick über die wichtigsten Prinzipien zum Aufbau eines effektiven Anti-Korruptions-Programms