Compliance-Strategien: Umgang mit Geschenken und Einladungen
4 Compliance-Strategien zum Umgang mit Geschenken und Einladungen im Businesskontext
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, sagt der Volksmund. Im Business-Kontext können sie jedoch schnell zu Unsicherheit führen: Ist die Flasche Wein vom Geschäftspartner noch angemessen oder schon ein Bestechungsversuch? Darf ich mich zur Feier eines abgeschlossenen Projekts vom externen Dienstleister einladen lassen oder bereitet es mir inpuncto Compliance Probleme?
Natürlich will man als Compliance-Verantwortlicher nicht die Rolle des Spielverderbers einnehmen. In manchen Situationen sind Geschenke und Einladungen auch absolut unproblematisch –in anderen jedoch nicht. Wie schaffen es Unternehmen, mit diesem Spannungsfeld umzugehen? Wir stellen vier gängige Compliance-Strategien vor.
Compliance-Strategie #1: Die „alte Schule”
Es gibt sie immer noch: Alteingesessene Unternehmer, die bei Geschenken und Einladungen gar keine Probleme sehen. Schweizer Luxusuhren, Besuche in einschlägigen Etablissements, Zuwendungen unter der Hand und ohne Dokumentation – alles kein Problem. Compliance ist in dieser Sichtweise nur eine nervige Funktion von Geschäftsverhinderern.
Dank eines global gestiegenen Compliance-Bewusstseins und einer zunehmenden Zahl von Prozessen und Strafen im Zusammenhang mit Korruption, die für einige Unternehmen mit hohen Gewinn- und Reputationsverlusten einhergingen, stellt diese Herangehensweise jedoch zunehmend die Ausnahme dar. Aufgrund der genannten negativen Konsequenzen und deutlich gestiegenen Anforderungen junger Arbeitnehmer an Unternehmenswerte wie Ethik und Integrität ist sie auch alles andere als zu empfehlen.
Compliance-Strategie #2: Die Null-Toleranz-Politik
Das andere Extrem: Jede Art von Zuwendung wird grundsätzlich untersagt. In der Umsetzung mag das sehr einfach sein, den Gepflogenheiten im Geschäftsalltag entspricht es jedoch in keiner Weise. Bei vielen (insbesondere Vertriebs-)Abteilungen löst dieser Ansatz völliges Unverständnis aus. Auch Geschäftspartner können irritiert reagieren, wenn nicht einmal die kleinste Aufmerksamkeit erlaubt ist. Es sind daher auch nicht viele Unternehmen, die diesen Ansatz in der Praxis wählen.
Compliance-Strategie #3: Wertschwellen, die nicht überschritten werden dürfen
Bei dieser Compliance-Strategie definiert das Unternehmen Wertgrenzen pro Geschenk oder Einladung, die nicht überschritten werden dürfen. Dieser Ansatz erlaubt die Annahme oder das Ausgeben kleinerer Geschenke und Einladungen. Wenn je nach Land oder nach Kategorie unterschiedlich hohe Grenzen definiert werden, wird auch verschiedenen kulturellen Gepflogenheiten Rechnung getragen.
Klare Nachteile dieser Strategie:
- Manchmal ist es schwer, den genauen Wert eines Geschenks oder einer Einladung zu schätzen
- Kontextabhängige Ausnahmen sind nicht vorgesehen
- Keine Nachvollziehbarkeit oder Kontrolle, ob Grenzen tatsächlich eingehalten werden
Compliance-Strategie #4: Wertschwellen, ab denen eine Genehmigung erforderlich ist
Dieser Ansatz hat sich als beste Kombination aller relevanten Aspekte herausgestellt. Hierbei werden auch Wertschwellen definiert, die abhängig von Land oder Kategorie unterschiedlich ausfallen können. Häufig ist das die jeweilige steuerliche Bemessungsgrenze für die Annahme geldwerter Leistungen (bspw. 35 Euro). Bis zu diesem Wert können Mitarbeiter selbst entscheiden, ob Zuwendungen gemacht oder angenommen werden – vorausgesetzt, die übrigen Kriterien sind erfüllt (siehe oben).
Bei Geschenken und Einladungen oberhalb der Wertschwelle greift ein Genehmigungsprozess. Hierbei können beispielsweise teurere, aber ansonsten unkritisch erscheinende Geschenke vom direkten Vorgesetzten freigegeben werden. Solche Geschenke können beispielsweise auch gesammelt und am Jahresende in einer internen Auktion versteigert werden, deren Erlös für wohltätige Zwecke gespendet wird. Andere Zuwendungen, die aus verschiedenen Gründen kritisch sein könnten, müssen hingegen vom Compliance-Verantwortlichen geprüft und freigegeben werden. Alle Genehmigungsprozesse und Begründungen sollten dokumentiert werden.
Dieser Ansatz bietet eine ganze Reihe an Vorteilen:
- Flexibles Modell, das auch die Annahme oder Ausgabe teurerer Geschenke und Einladungen erlaubt, sofern keine Ausschlusskriterien erfüllt sind
- Klarer Genehmigungsprozess, der Transparenz schafft und die Aufgabenlast verteilt (sonst müssen Compliance-Verantwortliche viel Zeit darauf verwenden, Zuwendungen zu prüfen)
- Höhere Verantwortung auf seiten der Mitarbeiter und Manager, was das Bewusstsein für ein Compliance Management schärft
Der Nachteil dieses Ansatzes: Schwellen und Genehmigungsprozesse müssen definiert werden, was initial etwas Aufwand bedeuten kann. Zudem sollte der Prozess für Mitarbeiter, Manager und Compliance in der Praxis möglichst einfach funktionieren, sonst entsteht schnell Frust auf allen Seiten. Bewährt hat sich hier der Einsatz von speziellen Softwarelösungen wie Approvals, die das Definieren der Schwellen und Genehmigungsprozesse stark vereinfacht. Weiterer Vorteil hierbei: Alle Zuwendungen und Freigaben sind umfassend dokumentiert und können jederzeit auf Verlangen vorgezeigt werden.
Unbedingt beachten: Andere Länder, andere Sitten
Wie schon erwähnt, ist es kaum möglich, eine international einheitliche und sinnvolle Wertgrenze für Geschenke und Einladungen zu definieren. Ein Betrag, der in Angola schon Stirnrunzeln verursacht, reicht in Zürich möglicherweise nicht einmal für das Abendessen. Hinzu kommt, dass einige Länder eigene gesetzliche Regelungen erlassen haben und zumindest für Amtsträger häufig klare Grenzen bestehen. Im Extremfall können sogar stark schwankende Wechselkurse dazu führen, dass Wertgrenzen ausgehebelt werden.
Compliance-Verantwortliche sollten daher prüfen, in welchen Regionen das Thema Geschenke und Einladungen für das eigene Unternehmen relevant ist, und die lokal geltenden Regularien bzw. Gepflogenheiten recherchieren. Bei Unsicherheit macht es Sinn, sich auch mit den lokalen Geschäftsführern oder Vertriebsteams auszutauschen. Wenn das Aufstellen der Compliance-Regeln im Dialog und nicht von Compliance aus dem Elfenbeinturm heraus geschieht, kann das die spätere Anwendung deutlich erleichtern.
Je nach internationaler Ausrichtung des Unternehmens kann das Regelsystem somit recht komplex werden. Im schlimmsten Fall entsteht am Ende eine riesige Regelmatrix für alle Länder und Kategorien, die Frust und Unverständnis bei allen Beteiligten hervorruft. Deutlich besser: Ein smarter, digitaler Prozess für die Verwaltung von Geschenken und Einladungen. Mitarbeiter geben die Informationen zu Geschenk und Einladung einfach ein, und je nach Angaben wird der relevante Genehmigungsprozess durchlaufen – ebenfalls digital, versteht sich. Und alle Vorgänge sind später dokumentiert und abrufbar.
Fazit: Effektive Genehmigungsprozesse sind unabdingbar
Der aus Compliance-Perspektive korrekte Umgang mit Geschenken und Einladungen ist kein leichtes Unterfangen. Es braucht klare Regeln und Prozesse, die im Fall einer externen Prüfung auch gut nachweisbar sein müssen. Sollten einzelne Geschenke und Einladungen im Nachhinein kritisch betrachtet werden, ist ein Geschenkeregister essenziell: Wer wurde von wem zu welchem Anlass womit beschenkt? Das Geschenkeregister sollte mindestens diese Antworten liefern, um Entscheidungsprozesse nachvollziehbar zu machen und Haftungsrisiken zu reduzieren.
Dennoch sollten Regeln und Prüfprozesse nicht dazu führen, dass Mitarbeiter in Vertrieb, Einkauf und Management verunsichert und in ihrer Alltagsarbeit blockiert sind. Smarte und automatisierte Prozesse helfen hier, die richtige Balance zwischen zuverlässiger Compliance und Business-Orientierung zu schaffen. Der Einsatz spezialisierter Software unterstützt enorm dabei, interne Reibungen zu reduzieren und gleichzeitig die dringend erforderliche Compliance im Kontext Geschenke und Einladungen sicherzustellen.
Dieses White Paper hilft Ihnen dabei, den Umgang mit Geschenken und Einladungen in Ihrer Organisation zu professionalisieren und Compliance-Anforderungen zu erfüllen